Sie haben mich gequälet

The Night I Started Travelling

 

The night I started traveling

in my mind you came to the door,

suitcase of memories in hand,

to offer me the compass of your heart

as a roadmap to trace the love

that had always existed between us.

 

The night I started traveling

in my words you came to the window,

lamp of possibilities in hand,

to offer me the vista of your heart

as a ribbon to bookmark the love

that had always existed between us.

 

The night I started traveling

in my dreams you came to my bed,

cup of passion in hand,

to offer me the passage of your heart

as a comforter to swathe the love

that had always existed between us.

 

The night I started traveling…

 

 

Francis Bret Harte (1836 – May 1902) American

Фрэнсис Брет Гарт

The Two Ships

As I stand by the cross on the lone mountain`s crest,

Looking over the ultimate sea,

In the gloom of the mountain a ship lies at rest,

And one sails away from the lea:

One spreads its white wings on a far-reaching track,

With pennant and sheet flowing free;

One hides in the shadow with sails laid aback,—

The ship that is waiting for me!

 

But lo! in the distance the clouds break away,

The Gate`s glowing portals I see;

And I hear from the outgoing ship in the bay

The song of the sailors in glee.

So I think of the luminous footprints that bore

The comfort o`er dark Galilee,

And wait for the signal to go to the shore,

To the ship that is waiting for me.

 

Erich Kästner

Sachliche Romanze

 

Als sie einander acht Jahre kannten

(und man darf sagen: sie kannten sich gut),

kam ihre Liebe plötzlich abhanden.

Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.

 

Sie waren traurig, betrugen sich heiter,

versuchten Küsse, als ob nichts sei,

und sahen sich an und wußten nicht weiter.

Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.

 

Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken.

Er sagte, es wäre schon Viertel nach Vier

und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken.

Nebenan übte ein Mensch Klavier.

 

Sie gingen ins kleinste Café am Ort

und rührten in ihren Tassen.

Am Abend saßen sie immer noch dort.

Sie saßen allein, und sie sprachen kein Wort

und konnten es einfach nicht fassen.

 

 

Hotelsolo für eine Männerstimme

Erich Kästner

 

Das ist mein Zimmer und ist doch nicht meines.

Zwei Betten stehen Hand in Hand darin.

Zwei Betten sind es, doch ich brauch nur eines,

weil ich schon wieder mal alleine bin.

 

Der Koffer gähnt. Auch mir ist müd zumute.

Du fuhrst zu einem ziemlich andern Mann.

Ich kenn ihn gut und wünsch Dir alles Gute,

und wünschte fast, Du kämest niemals an.

 

Ich hätte Dich nicht gehen lassen sollen

(nicht meinetwegen, ich bin gern allein).

Und doch, wenn Frauen Fehler machen wollen,

dann soll man ihnen nicht im Wege sein.

 

Die Welt ist groß. Du wirst Dich drin verlaufen.

Wenn Du Dich nur nicht allzu weit verirrst.

Ich aber werde mich heut nacht besaufen,

und bißchen beten, daß Du glücklich wirst.

 

PETER RÜHMKORF Heinrich Heine-Gedenklied

Ting-tang-Tellerlein,
durch Schaden wird man schlau;
ich bin der Sohn des Huckebein
und Leda, seiner Frau.

Ich bin der Kohl- und bin der Kolk-,
der Rabe, schwarz wie Priem:
Ich liebe das gemeine Volk
und halte mich fern von ihm.

Hier hat der Himmel keine Freud,
die Freude hat kein Licht,
das Licht ist dreimal durchgeseiht,
eh’ man's veröffentlicht.

Was schafft ein einziges Vaterland
nur soviel Dunkelheit?!
Ich hüt mein' Kopf mit Denkproviant
für noch viel schlimmere Zeit.

Und geb mich wie ihr alle glaubt
auf dem Papier -:
als trüg’ ein aufgeklärtes Haupt

sich leichter hier.

 

 

Paul Celan: Weggebeizt

 

Weggebeizt vom

Strahlenwind deiner Sprache

das Bunte Gerede des An-

erlebten - das hundert-

züngige Mein-

gedicht, das Genicht.

 

Aus-

gewirbelt,

frei

der Weg durch den menschen-

gestaltigen Schee,

den Büßerschnee, zu

den gastlichen

Gletscherstuben und -tischen

 

Tief

in der Zeitenschrunde

beim

Wabeneis

wartet, ein Atemkristall,

dein unumstößliches

Zeugnis.

 

 

Paul Celan: Psalm

 

Niemand knetet uns wieder aus Erde und Lehm,

niemand bespricht unseren Staub.

Niemand.

 

Gelobt seist du, Niemand.

Dir zulieb wollen

wir blühn.

Dir

entgegen.

 

Ein Nichts

waren wir, sind wir, werden

wir bleiben, blühend:

die Nichts-, die

Niemandsrose.

 

Mit

dem Griffel seelenhell,

dem Staubfaden himmelswüst,

der Krone rot

vom Purpurwort, das wir sangen

über, o über

dem Dorn.

 

ULLA HAHN

Mit Haut und Haar

 

Ich zog dich aus der Senke deiner Jahre

und tauchte dich in meinen Sommer ein

ich leckte dir die Hand und Haut und Haare

und schwor dir ewig mein und dein zu sein.

 

 

Du wendetest mich um. Du branntest mir dein Zeichen

mit sanftem Feuer in das dünne Fell.

Da ließ ich von mir ab. Und schnell

begann ich vor mir selbst zurückzuweichen

 

 

und meinem Schwur. Anfangs blieb noch Erinnern

ein schöner Überrest der nach mir rief.

Da aber war ich schon in deinem Innern

vor mir verborgen. Du verbargst mich tief.

 

 

Bis ich ganz in dir aufgegangen war:

da spucktest du mich aus mit Haut und Haar.

 

 

Christian Friedrich Hebbel(1813-1863)

Herbstbild

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!

Die Luft ist still, als atmete man kaum,

Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,

Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.

 

O stört sie nicht, die Feier der Natur!

Dies ist die Lese, die sie selber hält,

Denn heute löst sich von den Zweigen nur,

Was von dem milden Strahl der Sonne fällt

 

Hofmannsthal Hugo von

Die Beiden

 

Sie trug den Becher in der Hand

- Ihr Kinn und Mund glich seinem Rand -

So leicht und sicher war ihr Gang,

Kein Tropfen aus dem Becher sprang.

 

So leicht und fest war seine Hand:

Er ritt auf einem jungen Pferde,

Und mit nachlässiger Gebärde

Erzwang er, daß es zitternd stand.

 

Jedoch, wenn er aus ihrer Hand

Den leichten Becher nehmen sollte,

So war es beiden allzu schwer:

 

Denn beide bebten sie so sehr,

Daß keine Hand die andre fand

Und dunkler Wein am Boden rollte.

 

Sie haben mich gequälet

Heinrich Heine

 

Sie haben mich gequälet,

Geärgert blau und blaß.

Die Einen mit ihrer Liebe,

Die Andern mit ihrem Haß.

 

Sie haben das Brot mir vergiftet,

Sie gossen mir Gift ins Glas,

Die Einen mit ihrer Liebe,

Die Andern mit ihrem Haß.

 

Doch sie, die mich am meisten

Gequält, geärgert, betrübt,

Die hat mich nie gehasset,

Und hat mich nie geliebt.

 

Heinrich Heine