Religionsunterricht in Europa

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Religionsunterricht oder ein Ersatzfach gibt es an staatlichen Schulen fast überall in Europa - Frankreich und Albanien ausgenommen. Der Unterricht ist jedoch sehr unterschiedlich organisiert.


"Jeder Religionsunterricht bringt seine eigene Geschichte mit", sagt Peter Schreiner, Präsident der Intereuropäischen Kommission für Kirche und Schule (ICCS). "Man kann zwar Vergleiche anstellen, aber es wird keinen allgemeingültigen europäischen Ansatz geben." Wie der Unterricht organisiert wird, wer Lehrpläne und Unterrichtsmaterialien entwirft, Lehrer ausbildet und einstellt und welche Alternativen diejenigen Schüler haben, die keinen Religionsunterricht besuchen wollen – das regelt jedes Land für sich.

 

"Die religiösen Landkarten sind sehr unterschiedlich in Europa", so Schreiner. Entsprechend unterschiedlich ist auch der Umgang mit Religion in der Schule: In Südeuropa, Mittel- und Osteuropa, Elsass-Lothringen, Finnland, Italien, Österreich und Deutschland ist der Religionsunterricht nach Konfessionen getrennt. Einige Länder bieten außerdem eine konfessionsübergreifende Alternative an. Das Fach heißt dann "Ethik" oder "Philosophie" oder "Werte und Normen". Schüler in Belgien, Luxemburg, Portugal und Spanien können zum Beispiel von vornherein wählen, ob sie das eine oder andere besuchen wollen.

 

Im deutschen Grundgesetz ist Religion als Pflichtfach in der Schule verankert. In Österreich wird nicht nur katholischer oder evangelischer Religionsunterricht, sondern auch orthodoxer, neuapostolischer, jüdischer, islamischer oder buddhistischer Religionsunterricht erteilt. Italien gibt eine Garantie für katholischen Unterricht an staatlichen Schulen. Der Unterricht ist für Schüler aller Konfessionen offen und seit 1984 freiwillig. Andere Konfessionen können auf eigene Kosten Unterricht anbieten. Oder die Schüler besuchen – ebenfalls freiwillig – das Fach "Bürger- und Menschenrechte". In Griechenland ist die konfessionell-orthodoxe Unterweisung Pflicht für alle Schüler, gleich welchen Glaubens. Wer nicht teilnehmen will, darf sich jedoch abmelden.

 

In Nordeuropa, England, Wales und Schottland bieten die Schulen so genannten religionskundlichen Unterricht an: Die Schüler lernen eher etwas über Religionen, als dass sie in der Ausübung einer bestimmten Religion unterwiesen würden. Schwerpunkt in England und Wales ist das Christentum. Seit 1994 sind Muslime, Hindus, Sikhs, Juden, Buddhisten und die anderen Religionen aufgefordert, Lehrinhalte beizusteuern.

 

 

GLOSSAR

 

Ersatzfach, das– ein Fach, das als Ersatz für ein anderes (hier: den Religionsunterricht) angeboten wird

 

jeder Religionsunterricht bringt seine eigene Geschichte mit– der schulische Religionsunterricht in jedem Land hat seine eigene Entwicklung und Geschichte

 

einen Vergleich anstellen– vergleichen

 

es wird keinen allgemeingültigen europäischen Ansatz geben– es gibt beim Religionsunterricht keine Regelung, die auf alle europäischen Länder anwendbar ist

 

Lehrplan, der– Liste der einzelnen Themen, die Schüler in einer bestimmten Zeit lernen sollen

 

religiöse Landkarte– bildlich gesprochen: die geografische Verteilung der Religionszugehörigkeiten

 

Konfession, die – Religionszugehörigkeit

 

von vornherein– von Anfang an

 

etwas ist in einem Gesetz verankert – etwas ist in einem Gesetzt geregelt, steht in einem Gesetz geschrieben

 

eine Garantie für etwas geben – etwas sicherstellen, gewährleisten

 

auf eigene Kosten– eigenständig finanziert; ohne, dass jemand anders dafür bezahlt

 

Unterweisung, die – hier: synonym für Unterricht

 

gleich welchen Glaubens– es spielt dabei keine Rolle, welchem Glauben die Schüler angehören

 

sich von etwas abmelden – mitteilen, dass man an etwas nicht mehr teilnehmen will

 

unterweisen – Verb zu Unterweisung

 

etwas beisteuern – etwas beitragen zu einer Sache


 

Text 5

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