Die allgemeingültige Steuerungstheorie: wozu wird sie gebraucht?

Allgemeingültige Steuerungstheorie

 

Übersetzt aus dem Russischen von einer Initiativgruppe Parus

Entwurf 3 (15.12.2016)

Im Entwurf 3 vom 15.12.2016 können sowohl grammatische- als auch stilistische Fehler verstecken. Jeder Leser kann dem Übersetzungsteam auf solche Fehler oder Verbesserungen hinweisen und zurückmelden.

Anbei zwei Anlagen:

1. Arbeitsdokument in zwei Sprachen: https://docs.google.com/document/d/1NuJ1iKccUayn1D1IryzjWGpe2YfW6LzVa154VZ5Pa_c/edit

 

2. Original AST in Russisch: http://www.vodaspb.ru/index.php?dn=down&to=open&id=115

 

Zur Fragen und Rückmeldungen stehen wir gern zur Verfügung: nikolaj.echkilev@gmail.com

 

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Vorlesungsstoff des Lehrganges

an der Fakultät für Angewandte Mathematik - Steuerungsprozesse

an der Staatlichen Universität St. Petersburg

(1997 — 2011)

 

© Die veröffentlichten Materialien und Inhalte sind das Geistesgut der russischen Kultur, aus diesem Grund darf niemand ein Urheberrecht darauf anmelden. Im Falle bewusster Aneignung der Urheberrechte auf dieses Werk seitens einer juristischen oder natürlichen Person in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise, wird sie mit Vergeltung für Diebstahl konfrontiert, die in Form unangenehmer "mystischer Erlebnisse" vorkommen und über das Gesetz hinausgehen wird. Allerdings hat jeder das volle Recht, ausgehend von seinem Verständnis des gesellschaftlichen Nutzens, diese Materialien und Inhalte ganz oder teilweise in jeglicher Form oder durch jegliche Mittel zu kopieren, wiederzugeben und neu zu veröffentlichen, auch zu kommerziellen Zwecken. Derjenige, der für seine Arbeit diese Materialien verwendet, übernimmt beim fragmentarischen Zitieren, oder bei Verweis darauf, persönliche Verantwortung. Im Falle der Erzeugung seinerseits eines semantischen Inhaltes, der den eigentlichen Sinn dieser Materialien als eine Ganzheit verdreht, würde er Vergeltung "mystischer", übergesetzlicher Art nicht unbedingt vermeiden können[1].

 

St. Petersburg

Vorwort...................................................................................................................................... 4

1. Die allgemeingültige Steuerungstheorie: wozu wird sie gebraucht?........................... 7

2. Die Kategorien der allgemeingültigen Steuerungstheorie.......................................... 10

Stabilität im Sinne der Vorhersagbarkeit

 

Prognose, Prophezeiungen und die Umsetzung

Mehrerer möglichen Zukunftsvarianten

 

Steuerung: Qualität und Optimierung

 

Geschlossene Systeme

 

Steuerungsarten: unmittelbare, in Supersystemen - indirekte und basierte auf virtuellerStrukturen

 

Stabilität der Steuerung

 

Steuerungsschemata

 

Die vollständige Steuerungsfunktion, der Intellekt

(individueller und kollektiver)

 

Die Manöver und Ausgleichsregelungsmodi, die Prinzipien von Vergleichs- und Identifizierungsähnlichkeit

 

Manöver und die Katastrophentheorie

 

13. Prozesse in den Supersystemen:

Möglichkeiten ihres Verlaufs

13.1. Der Begriff der Supersysteme

13.2. Erschließung des Entwicklungspotenzials

13.3. Automatische Prozesssynchronisierung in den Supersystemen

13.4. Kollektiver Intellekt in den Supersystemen

13.5. Interne Steuerungskonflikte in einem

Supersystem

13.6. Das Zusatzinformationsprinzip und konzeptionell unbestimmte Steuerung als eine besondere Art des Steuerungskonfliktes

13.7. Wiederherstellung der Steuerung eines Supersystems als Ganzes

13.8. Die miteinander verschachtelten Supersysteme mit virtueller Struktur

 

Das Verfahren dynamischer Programmierung als algorithmischer Ausdruck der allgemeingültigen Steuerungstheorie

Der Antritt in die Steuerung


 

Anhang

1. Was ist die Macht in der Massen-”Elitären” Gesellschaft

2. Psychologische Grundlagen der Selbststeuerung der Gesellschaft

3. Die natürliche Ordnung der Machtausübung

4. Die Begierde nach dem Widernatürlichen

5. Zur Weltanschauung im allgemeinen und ihrer Grundlage

6. Was sich "von selbst versteht"

7. Mosaiken und Kaleidoskope

8. Die Weltanschauungen: "für alle" und "für den engen Kreis, dessen Berufung zu steuern ist"

9. Die Weltanschauungen für alle Menschen

10. Der Weg zumKollektivum

11. Der Rückenwind der Gotteshaltigkeit

12. Es ist besser Macht über sich selbst zu haben, als tausend jährige Macht über andere Menschen und Dinge.


 

Vorwort

 

Als Grundlage der Textfassung von der aktuellen Auflage der Allgemeingültigen Steuerungstheorie (AST) wurde die Redaktion von der 2003 in Russland erschienen und Textversion der AST mit den Ergänzungen und Anmerkungen genommen.

Die erste, sehr verkürzte Redaktion der AST von 1991 wurde im Jahr 1992 herausgegeben. Seitdem ist sie zu einer bibliographischen Rarität[2] geworden. Die zweite Redaktion des Buches wurde 1992 erarbeitet. Thematisch wurden da keine Änderungen vorgenommen, die einzelnen Inhalte aber gründlicher und detaillierter behandelt. Später wurde sie mehrmals herausgegeben sowohl als separate Ausgabe als auch als Teil anderer russischen Werke. Es ist allerdings nicht immer möglich einen korrekten Ausgang aus den theoretischen Diskussionen über das Thema Steuerung in die Praxissteuerung zu finden. Darüber hinaus wurden in der aktuellen zweiten Redaktion der AST bei Textfassung einiger Abschnitte die vorher verschwiegenen Themen erläutert, Druckfehler und Ungenauigkeiten korrigiert sowie Stilistik an manchen Stellen verändert. Außer vorliegende Ausgabe der AST ist dem Leser noch eine Arbeit VP UdSSR “Grundlagen der Sozialwissenschaften”[3] vorgestellt. In dieser Redaktion ist etwas andere Reihenfolge der Materialdarstellung und sie ist außerdem um zwei Themen (die Modelle des Intellekts und die Prozesse in den Supersystemen) verkürzt.

Der Fach Allgemeingültige Steuerungstheorie wird an der Fakultät für Angewandte Mathematik - Steuerungsprozesse an der Staatlichen Universität St. Petersburg seit 1997 angeboten. Dies wurde von Wladimir Iwanowitsch Subow (1930 — 2000) initiiert, einem korrespondierenden Mitglied der Akademie der Wissenschaften der UdSSR.

Die Aneignung der AST stellt in den meisten Fällen große Herausforderung wie die Arbeit an sich selbst. Um Ihnen zumindest zum Teil diese Arbeit zu erleichtern, möchten wir Ihnen drei erfahrungsgemäß sehr nützliche Hinweise anbieten:

1. Obwohl in dieser Ausgabe die ALLGEMEINGÜLTIGE STEUERUNGSTHEORIE in die Unterabschnitte eingeteilt ist, muss man sie ganzheitlich betrachten, als eine ungeteilte Informationseinheit, eine Art des "Informationsquantes". Ungeachtet dessen, dass Ihnen also der Sinn einiger Textteile während des Lesens vielleicht verschlossen bleibt, wird dennoch zu deren besseren Verstehen notwendig sein, zunächst den Text bis zum Ende zu lesen, ungeachtet ihrer Unverständlichkeit: das eigentliche Verstehen der ursprünglich unbegreiflichen Fragmente wird sich später beim Begreifen des Textes insgesamt und in seinem Verhältnis mit dem Leben öffnen.

Außerdem muss man im Auge behalten, dass die AST aufgrund einer bestimmten Weltauffassung und Philosophie konzipiert worden ist. Dementsprechend sind jene Arbeitsmaterialien (späterhin ist es unter epischem Namen “Totes Wasser” bekannt), die als Grundlage für die dem Leser angebotene eigentliche Textfassung der AST dienten, so strukturiert, dass ihr noch drei andere Abschnitte (anschließend Vorwort) über den Charakter[4] jener Weltauffassung und Philosophie vorangehen. Daher muss der Leser die AST ganzheitlich lesen und im Zusammenhang mit den Materialien im Anhang wahrnehmen. Dabei soll er Bezug zu seiner eigenen Wahrnehmung des Lebens nehmen.

Aus dem Grund hilft diese Bildung der bildlich-logischen Vorstellungen von den Steuerungsprozessen die Methode der dynamischen Programmierung zu verstehen, die einen kurzen symbolisch-algorithmischen Ausdruck der AST darstellt.

2. Einst hatte K. Prutkow gesagt: Viele Begriffe sind uns nicht wegen unsere schwache Vorstellungskraft unverständlich, sondern weil diese Begriffe außerhalb unsere Vorstellungskraft liegen. Das heißt, dass das Problem des Verstehens bei einem Menschen das Ergebnis des Fehlens in seiner Psyche erforderlicher Stereotype und Denkweisen ist, mit Hilfe dessen er Phänomene erkennt und benennt sowie seine mentale Bilder prägt. Deshalb, um das Fehlen bestimmter mentalen Bilder festzustellen und sie rechtzeitig prägen zu können, muss man beim Lesen der vorliegenden Materialien ein Bleistift und Papier holen und während des Lesens für sich selbst Illustrationen zum Text zeichnen. Und zwar, die Schemata und Bildvorstellungen der betrachteten Kategorien und ihr Bezug zueinander sowie Zustand von Objekten, Prozessverlauf usw., als auch worüber in dem Text handelt.

In diesem Text haben wir unsere Bildvorstellungen über die Steuerung dargestellt. Aber damit bei Ihnen Ihre eigenen mentalen Bilder über die Steuerung von Leben entstehen und Sie Ihre Selbstkontrolle ausüben könnten, müssen Sie selbst und nicht wir Ihre eigenen Illustrationen zum Text zeichnen.

Dieser Vorschlag sollte Ihnen keinesfalls demütigend oder unangenehm erscheinen: einfach sind wir alle in jener Epoche geboren worden, worin man sich nicht nur zum Ziel gesetzt hat, den Kindern von klein auf die Disziplin, das Denken zu lehren, sondern ganz im Gegenteil wurden sie sogar gezielt verzerrt und verdreht. Und wenn jemand fünfstellige Zahlen im Kopf multipliziert, und der andere eine Multiplikationsaufgabe nur schriftlich erledigen kann, dann liegt es daran, dass die beiden gewöhnlichen gesunden Menschen unterschiedliche Denkdisziplinen haben. Dieses Beispiel bezieht sich aber nur auf das abstrakt-logische Denken. Beim schriftlichen Multiplizieren helfen wir unserem undisziplinierten abstrakt-logischen Denken sich zu konzentrieren und eine Multiplikationsaufgabe zu lösen. Soeben beim Zeichnen der Illustrationen während des Lesens helfen wir unserem undisziplinierten bildhaften Denken[5] sich zu konzentrieren und gleichfalls die Aufgabe der Prägung von unseren mentalen Bildern sowie der Erweiterung unseres Wissenskreises auf gleiche Weise zu meistern.

3. Die erfolgreiche Abwicklung einer Aufgabe erfordert aber auch einer entsprechenden Stimmung wie die Emotionen, die bei einem Menschen währenddessen entstehen sollten dem Sinn seines Lebens und dem Ziel seiner Tätigkeit entsprechen. Obwohl die Mehrheit der Weltbevölkerung sich daran gewöhnt hat zu leben und zu arbeiten mit der Stimmung, die sich bei ihnen "gerade so" einstellt. Diese Lebens- und Arbeitsweise ist mit dem Vorspielen eines Musikstückes von einem Klavierspieler auf einem verstimmten Klavier zu vergleichen. Deswegen bevor Sie mit irgendeiner Arbeit beginnen, sollten Sie lernen eine echte Freude an dem folgenden Gedanken zu spüren und sie zu behalten: "Alles, was gerade passiert, passiert auf beste mögliche Art und Weise, bei jener Moral und der Ethik, die den Menschen üblich sind. Alles – was auch immer es sein mag – zu unserem Besten geschieht". Oder anders ausgedrückt: «Der allmächtige Gott macht keine Fehler. Das Leben eines jeden Menschen soll in Eintracht mit Ihm in Richtung seines Gotteswerkes verlaufen». Die Besinnung dieser Tatsache sollte bei Ihnen das innere Gefühl der Seligkeit hervorrufen sowie den Wunsch mit offener Seele im Alltag nur Gutes tun. Eben in solcher Stimmung sollte man immer leben und arbeiten, sie aber auch während des Lesens dieser Textfassung der AST versuchen beizubehalten.

In der Praxis bedeutet dies folgendes:

1. AST muss in ihre Gänze und Integrität zuerst in eigene Psyche “hochladen”. Das “Hochladen” der noch nicht eingepflegten Festlegungen und Begriffen sollte auf der Basis des primären, intuitiven und alltäglichen Verständnisses stattfinden.

2. Danach soll man alles in Verbindung der Bestandteile des Begriffsapparats von der AST und ihren Zusammenhängen mit dem Leben umdenken. Das Umdenken soll entsprechend der Gesamtheit von der in der Psyche eingepflegten Begriffen stattfinden.

3. Und erst danach wird es möglich sein, die AST bei der Lösung von den verschiedenen Problemen und von den unterschiedlichen Alltagsproblemen zu nutzen.

Die Unterbrechung des Aneignungsprozesses von der AST auf einer beliebigen Stufe stellt einen tatsächlichen und vorzeitigen Ausstieg aus dem Aneignungsprozess der AST dar.

 

27. Mai 2011


 

Jedes Ding ist eine Erscheinungsform unendlicher Vielfalt.

K. Prutkow

Die allgemeingültige Steuerungstheorie: wozu wird sie gebraucht?

Jeder Verstand/Intellekt, ob individueller oder kollektiver, löst in der Hierarchie der gegenseitig ineinander verschachtelten Strukturen des Universums vornehmlich die Aufgaben der Steuerung[6]bezüglich hierarchisch niedrigerer Systeme sowie die Aufgaben der Selbststeuerung im Rahmen der Möglichkeiten, welche ihm die hierarchisch höchste umfassende Steuerung zu Verfügung stellt.

Die Steuerung ist immer eine Äußerung des Subjektivismus, aber sie ist nur für die objektiv bestehenden Prozesse und für die objektiv realisierbaren Projekte möglich. Wenn das Subjekt als Steuerleiter/-in befindet sich in der Macht der Illusion über die Objekt-Prozessexistenz, die er/sie behauptet zu steuern, oder in der Macht der Illusion über die objektive Realisierbarkeit des Projektes, so wird seine/ihre Enttäuschung vollkommen real, und eventuell sogar seht hart...

Die objektive Grundlage der Steuerung ist die subjektive Fähigkeit des Steuerleiters das Verhalten des gesteuerten Objekts unter dem Einfluss von der Außenumgebung, den eigenen Objektänderungen und der Steuerung vorherzusehen. Die Umsetzung dieser Fähigkeit ist ein Schlüssel zum Antritt in die Steuerung. Alles Anderes ist eine Äußerung dieser Fähigkeit der einen oder der anderen Steuerungseinzelheiten.

Es ist durchaus möglich eine Steuerung aufgrund erlangter Fertigkeiten durchzuführen, welche ein Individuum (Steuerleiter/-in) mehr oder weniger gezielt und bewusst benutzt, entwickelt und als seine eigene Lebenserfahrung sammelt. Eigentlich braucht er/sie persönlich keine spezielle Theorie zu beherrschen zwecks Realisierung einer Steuerung, wenn er/sie empfindsam und aufmerksam genug zu allem ist, was auf dem Gebiet seiner Steuerungstätigkeit gerade liegt. Die Weitergabe des Wissens über die Steuerung an andere Personen, die gerade in ein Gebiet der Steuerungstätigkeit eintreten, ist auch ohne Beherrschen jeglicher Theorien möglich, wenn sie (diejenigen, die in ein Steuerungsgebiet eintreten) das spüren, was gerade auf dem Gebiet ihrer Steuerungstätigkeit liegt, wie der Steuerleiter/-in (Lehrer/-in) darauf reagiert, und sie sich selbst an seiner Stelle in verschiedenen verwaltungsmäßigen Situationen sehr gut vorstellen können.

Aber der Weitergabeprozess von Steuerungsfertigkeiten in irgendeinem Bereich des gesellschaftlichen Lebens ist ohne den Begriffs- und Terminologieapparat, der das Fundament der Steuerungstheorie bildet, größtenteils ähnelt dem, wie eine Katzenmutter ihre Kleinen erzieht: derjenige, der sich der Verantwortung für das laufende Steuerungsprozess bewusst geworden ist, sich schon mittendrin in diesem Prozess vorgestellt hat und sich daraufhin als ein Steuerleiter (leitende Person) in realen Lebenssituationen verhalten kann, ist ein guter “Lenker”. Derjenige aber, der das nicht geschafft hat, wird zukünftig viele Beulen bekommen. Dies wäre allerdings nicht so schlimm - schließlich sind es seine Beulen, er selbst wird sie bekommen, wenn da nicht ein "aber" wäre: nicht nur er, sondern auch die Menschen in seiner Umgebung werden diese Beulen bekommen, da jede bestimmte Tat, vor allem eine Tat, die aus dem gesellschaftlich-leitenden Charakter der Arbeit entspringt, das Leben vieler Menschen beeinflusst, manchmal sogar das Leben mehrerer Generationen. Deswegen sollte die Weitergabe von Leitungskultur von Generation zu Generation doch aufgrund einer theoretischen Basis verlaufen und nicht ausschließlich auf den Beziehungsprinzipien einer Mutterkatze zu ihren heranwachsenden Kindern. Mit anderen Worten müssen die Theorie und die oben erwähnte Art der Beziehungsprinzipien sich im Lernprozess gegenseitig ergänzen.

Das ist eben der Fall: in jedem einzelnen Bereich der angewandten Wissenschaft wurde sein eigener Begriffs- und Terminologieapparat entwickelt, aufgrund dessen Wissen von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Faktisch spricht man dabei von der Steuerung dieser oder jener Prozesse, die zum "Fachgebiet" einer bestimmten Wissenschaft gehören, obwohl die Steuerung solcher Prozesse eigentlich nicht als Steuerung bezeichnet wird: in der Medizin beschäftigt man sich mit Heilen und Verstümmelung, und nicht mit der Steuerung von Gesundheit und Krankheiten; die Chemie "mogelt" und keine Steuerung der Synthese und des Zerfalls chemischer Verbindungen durchführt; in der Architektur und Bauwesen wird etwas gebaut aber eben keine Steuerung von der Entwicklung und Errichtung von Bauobjekten realisiert usw.

So gibt es in jedem Tätigkeitsbereich seinen eigenen Begriffs- und Terminologieapparat. Daher hat manchmal ein und dasselbe Wort zwei ausgeprägt verschiedene Bedeutungen, je nach Branche, in der sie gebraucht werden. Im Verkehrswesen bedeutet z.B. das Wort "Tender" - heutzutage ein Anachronismus - ein Vorratswagen, der sich hinter einer Dampflokomotive befindet und Kohle und Wasser enthält; in englischsprachiger ökonomischer Terminologie bedeutet ein "Tender" eine Ausschreibung. Folglich werden Spezialisten aus unterschiedlichsten Branchen bei ihrem Zusammentreffen zwecks erstmaliger Benennung eines gemeinsamen Problems und dessen Lösungsfindung in erster Linie sehr viel Zeit mit dem Herausarbeiten eines gemeinsamen professionellen Jargons verbringen müssen (eines Dialektes, einer Variante einer Sprache, die in einem bestimmten Arbeitsbereich gesprochen wird). Später wird dieser Jargon von der Gesellschaft benutzt zur Beschreibung des Problems dieser Art und dessen Lösungsfindung, falls seine Erfinder Erfolg und gesellschaftliche Anerkennung bekommen.

Nicht immer können aber Spezialisten aus verschiedenen Branchen eine gemeinsame Sprache (Jargon) finden oder herausarbeiten. Folglich wird es ihnen auch nicht gelingen ein Problem zu erkennen, es zur Aufgabenkategorie zuzuordnen und es später zu lösen. In diesem Fall würden sie das Schicksal der namenlosen Turmbauer von Babylon wiederholen, das in der Bibel beschrieben wird (Gen. 11.1-9).

Dies bezieht sich auf alle Probleme und Aufgaben, ob es um kleine Alltagsdinge geht oder um die gesellschaftlich nützliche Funktionalität des Staatswesens. Und sogar noch mehr: obwohl die Vertreter von Wissenschaft und Religion (dieser Kulturgebiete unserer Zivilisation) behaupten, sie würden zum Wohle der Menschen arbeiten, befinden sie sich alle im Laufe der ganzen Menschheitsgeschichte im ständigen Konflikt miteinander. Dabei ist der Prozess der Spezialisierung der Wissenschaft schon so weit gegangen, dass nicht nur die Vertreter jeder Einzelwissenschaft sich nicht verstehen können, sondern auch die Vertreter unterschiedlicher Teilgebiete einer Wissenschaft das Verständnis untereinander langsam verlieren. Das Gleiche betrifft in demselben Maße alle historisch entstandenen Weltanschauungen (so genannten "Weltreligionen"). Zum einen sind sie nicht in der Lage, zum Verständnis bezüglich der theologischen und soziologischen objektiven Wahrheiten zu kommen. Zum anderen sind in der Vergangenheit aus jeder Weltreligion zahlreiche Sekten hervorgegangen und sie entstehen immer noch. Dies - das einzig Gemeinsames zwischen Wissenschaft und Religion in unserer Zivilisation - verschlimmert weiterhin der Stand der Dinge sowie in der Gesellschaft als auch in ihrer Beziehung zur Natur.

Doch jeder verlaufende Prozess im Universum kann als Steuerungsprozess oder Prozess der Selbststeuerung interpretiert (dargestellt, betrachtet) werden. Aus diesem Grund ist der Begriffs- und Terminologieapparat der Steuerungstheorie eben als Wissenschaft zusammenfassend, da sich mit seiner Hilfe unterschiedliche Prozesse auf gleiche Weisebeschreiben lassen, und zwar allgemeine naturwissenschaftliche, biologische, technische und vor allem jegliche sozialen und psychischen Vorgänge.

Aber mit der Aneignung des komplexen Begriffs- und Terminologieapparats irgendeiner Steuerungstheorie sollte man das aus den Augen nicht verlieren, was Kätzchen als eigen unter der Leitung von ihrer Katzenmutter haben - die Fähigkeit sich in verschiedenen Steuerungssituationen vorstellen zu können. Andernfalls wird ein "Steuerleiter", ein überheblicher Buchstabengelehrte und engherziger Dogmatiker, unbewusst Terminologie zu passender Theorie aufschnappend und sie formell und auch logisch benutzend, es nicht schaffen können, in die Steuerungspraxis konkreter Prozesse anzutreten. Dabei wird er zum Gespött im Vergleich zu dem Steuerleiter-Praktikus, die zwar mit dieser Theorie nicht vertraut sind, die aber das Leben fühlen und sich in unterschiedlichen Situationen während der Steuerung der Lebensumstände gut vorstellen können.

Die einheitliche Beschreibung verschiedenartiger Vorgänge mithilfe der allgemeingültigen Steuerungstheorie erlaubt uns auf einem festen Fundament jeder einzelnen Wissenschaft zu stehen. Sie eröffnet zudem einen einfachen Zutritt zu jeder Wissenschaft[7] und, falls es nötig ist, hilft eine gemeinsame Sprache mit allen Spezialisten aus unterschiedlichsten wissenschaftlichen Teilgebieten zu finden. Das heißt, dass der Begriffs- und Terminologieapparat der allgemeingültigen Steuerungstheorie ein Mittel der interdisziplinären Kommunikation zwischen Spezialisten aus unterschiedlichen Einzeldisziplinen und Tätigkeitsbereichen ist, ein Hilfsmittel zur Vereinigung der voneinander abgesonderten Wissensgebiete und anwendungsorientierter Fertigkeiten in eine harmonische Einheit, die für gefahrloses Leben und Tätigkeit einzelner, eine Gesellschaft bildender Personen und Kollektive, nötig ist. Dies ist ein Hauptvorteil des Begriffs- und Terminologieapparats der Steuerungstheorie.

Bei der Betrachtung der zahlreichen stets verlaufenden Prozesse[8] (Er-Eignissen) als Steuerungsprozesse oder Prozesse der Selbststeuerung lässt sich Gemeinsames zwischen ihnen feststellen. Dementsprechend kann man den Begriffs- und Terminologieapparat der allgemeingültigen Steuerungstheorie aufbauen. Zuerst schauen wir uns kurz alle deren Kategorien an. Danach werden wir detailliert jede einzelne Kategorie in ihrem Zusammenhang mit all den anderen Kategorien betrachten.