Nachricht FED erhöht den Leitzins

Erstmals seit neun Jahren hat die US-Notenbank den Leizins für den US-Dollar angehoben-von 0,25 auf 0,5 Prozent.

MDR Korrespondentin Anja Neubert führte am 16.12.15 (kurz vor der Zinsentscheidung der FED) ein Interview mit Gunther Schnabl vom Institut für Wirtschaftspolitik der Universität Leipzig zum Thema US-Zinswende und was sie für Deutschland bedeutet. Gunther Schnabl hat erläutert, dass welche Vor- und Nachteile die US-Zinserhöhungen auf Deutschland und andere EU-Länder haben würden. Viel hänge von der Reaktion der Europäische Zentralbank ab, sagt Schabl. Auf eine Seite würde sie Europäische Zentralbank dazu veranlasst, die Zinsen niedrig zu halten und noch mehr Staatsanleihen aufzukaufen. Dies würde zwar kurzfristig die Lage stabilisieren. Der Euro würde abgewertet, was den Export in allen Euro-Staaten begünstige. Auf der andere Seite, gebe es, laut Gunther, überwiegende Nachteile. Die Einkommensungleichheicht in Europa würde weiter steigen, denn die Europäischen Zentralbank die Zinsen auf risikoarme Anlageformen drücke, die überwiegend von der Mittelschicht gehalten werden. Obwohl die konjunkturelle Lage Deutschlands zwar robust sei, könnte der Zinsenanstieg dazu führen, dass die noch mehr Kapital aus Deutschland in die USA abfließe, was negative Auswirkungen auf das Wachstum in Deutschland hätte, weil weniger Kapital für die Investitionen und den Aktienmarkt zur Verfügung stehe. Die Aktienpreise würden fallen, die Zinsen umgekehrt- steigen. Beides würde die Stimmung bei Unternehmen, Staat und Haushalten trüben. Im Vergleich zu Deutschland, sei die Konjunktur in den europäischen Krisenstaaten noch schwach. Diese Länder würden noch stärker als Deutschland unter den Kapitalabflüssen und vor allem unter dem Zinsanstieg für Staatsanleihen leiden. Dies könnte dazu führen, dass die Europäische Zentralbank weiterhin die Zinsen bei Null belasse, und noch mehr Staatsanleihen ankaufe, um den Schuldenlast der Krisenstaaten verträglich zu halten. Alterversicherungssysteme, die auf Staatsanleihen aufbauen, wie beispielsweise Lebensversicherungen, werden durch die geringe Verzinsung der Staatsanleihen ausgehöhlt. Hingegen werden die Kurse von Aktien und Immobilien, die mehr von hohen Einkommensschichten gehalten werden, weiter nach oben getrieben. Das billige Geld der Europäischen Zentralbank lähme das Wachstum, weil mehr Anlagen auf dem Finanzmarkt als Sachinvestitionen begünstigt werden. Wachstum, Produktivitätsgewinne und damit auch der Verteilungsspielraum bei Lohnverhandlungen werden eingeeignet. Der Druck auf die Löhne, der in vielen europäischen Staaten zu beobachten sei, und lange Zeit in Detschland zu beobachten war, wird sich stärken.

Sehr expansiven Geldpolitiken haben viele Segmente der Finanzmärkte sehr stark aufgeblasen und damit Kursschwankungen verursacht. Dies hat auch dazu geführt, dass die Finanzmärkte sehr sensibel auf geldpolitische Entscheidungen reagieren. Die Wahrscheinlichkeit von Finanzkrisen ist größer geworden.

Schabl befürchtet aber, dass die Zentralbanken bereits ein so großes Krisenpotential geschaffen haben, dass ein nachhaltiger Aussteig ohne große Verwerfungen unmöglich sei. Der Ausstieg der Federal Reserve wird deshalb sehr zaghaft ausfallen und die Europäische Zentralbank wird immer noch mehr Liquidität in den Markt geben.

Zusammenfassend, wird die Zinserhöhung nur kurzfristig positiv auswirken. Längerfristig werden die geschilderten negativen Verteilungseffekte aber weiter zunehmen. Die wachsende Ungleichheit, die oft die jüngeren Generationen trifft, wird zu weiteren politischen Polarisierungen in Europa beitragen.

Gunther Schnabl schlagt vor, aus der Niedrigszinspolitik, wie ihn die Federal Reserve anstrebe, auszusteigen und macht darauf aufmerksam, dass sich trotz der derzeit guten Aussichten in Deutschland-die schon seit 2008 anhaltende Stagnation, weiter fortsetzen wird.