Viele Unis nutzen Plagiat-Software

Dabei sind die fragwürdigen Doktortitel von Politikern nicht der erste Skandal an deutschen Hochschulen. Bereits 2009 wurde bekannt, dass deutschlandweit etwa 100 Professoren unfähige Doktoranden zur Promotion zugelassen hatten, um dafür eine Geldsumme zu kassieren. Auch die Universität Münster war damals betroffen: Vier Namen im bundesweiten Verfahren um den Handel mit Doktortiteln wurden überprüft. Die heutige Prorektorin Marianne Ravenstein hält solche Fälle aber für die Ausnahme. "Die Uni Münster hat sich nicht erst angesichts der aktuellen Doktoraffären von Politikern mit der Problematik der Plagiate befasst." Um mögliche Plagiate aufzuspüren, hat die Hochschule bereits 2007 eine entsprechende Software zur Verfügung gestellt. Allerdings ist es Fachbereichen und Instituten selbst überlassen, ob sie diese nutzen. Inzwischen verlangen viele Fächer von den Studierenden, dass sie ihre Examensarbeiten auch als CD-Rom einreichen.

Gewusst wie: Richtig zitieren gehört zur Hochschulausbildung"

Angesichts der aktuellen Debatte haben wir unseren Fachbereichen empfohlen, ihre Promotionsordnungen entsprechend zu ändern", sagt Marianne Ravenstein. Reichen die Doktoranden ihre Arbeit auch in elektronischer Form ein, so kann bei einem Plagiatsverdacht die entsprechende Software angewendet werden. Marianne Ravenstein sieht jedoch nicht nur die Doktoranden in der Pflicht. Auch die Betreuung durch die Professoren müsse verbindlicher geregelt werden: "Wir plädieren deshalb für ein strukturiertes Promotionsverfahren." Dabei wird vorher individuell festgelegt, in welchem Umfang die Doktoranden betreut werden. Das würde dann auch vertraglich festgehalten zwischen Doktorvater und Promovierendem.

 

Doktortitel verkommt zum schmückenden Beiwerk

Auch die Verantwortlichen der Universität Bonn überlegen derzeit, wie sie die Wissenschaft vor Regelverstößen schützen können. Günther Schulz ist Dekan der Philosophischen Fakultät. Wie viele seiner Kollegen verwendet er eine Plagiat-Software: "Das Problem ist das Abwägen, gerade bei relativ unerfahrenen Studierenden." Diese lehnten sich oft aus Unsicherheit an Texte aus dem Internet an. "Da leisten wir eine Aufklärungs- und Verpflichtungsarbeit zum Selbstdenken", sagt der Dekan. Schließlich sei es neben der wissenschaftlichen Arbeit die zentrale Aufgabe eines Dozenten, die Studenten zu einer eigenen Meinung anzuregen. Dazu gehöre eben auch, jede Art von Quellen und Standpunkten kritisch zu hinterfragen. "Die aktuelle Debatte über Plagiate hat daher eine segensreiche Wirkung auf die Studierenden." Sie seien sensibler geworden und hätten mehr Respekt vor der Arbeit ihrer Vorgänger. Ihre Zitate würden die Studierenden nun deutlicher kennzeichnen.

 

Trotz der Skandale: Alltag an der Uni Bonn

Wenn der Doktortitel an Wert verloren hat, dann habe das ganz andere Ursachen, sagt Günther Schulz: "Er ist zu viel verbreitet worden." Früher sei die Promotion nur eine Voraussetzung für eine wissenschaftliche Karriere gewesen, heute diene sie oft als schmückendes Beiwerk im Beruf. Man stehe finanziell im Beruf besser da, und auch die Aufstiegsmöglichkeiten seien leichter mit einem Doktortitel. Deshalb bestehe hier der eigentliche Handlungsbedarf, meint Günter Schulz. Um zu vermeiden, dass der Doktortitel weiter entwertet wird, rät er seinen Promovierenden davon ab, Promotion und Beruf parallel zu verfolgen: "Sorgfältiges wissenschaftliches Arbeiten verlangt volle Konzentration. Und neben einem Beruf, so wie er uns heute fordert, noch die Doktorarbeit zu schreiben, ist eine fast übermenschliche Anstrengung."

Autorin: Elisabeth Jahn Redaktion: Gaby Reucher

 

Karte 58. Leseverstehen: Aufgabe (1) Globales Lesen (742 Wörter; 5398 Zeichen) 10 Min.

Duales Studium: Zwei Fliegen mit einer Klappe

Perfekte Mischung aus Studium und Berufsausbildung

Nur studieren ist zu theoretisch? Wer so denkt, für den ist ein duales Studium eine gute Alternative. Berufsausbildung und Hochschulstudium sind eng verzahnt, und zur Belohnung gibt’s zwei Abschlüsse auf einmal.

 

Viel Freizeit hatte Sebastian Budnik in den letzten sechs Semestern nicht. Wenn andere Studenten Semesterferien haben, arbeitet der 25-Jährige bei der REWE Group, einer Unternehmensgruppe, die vor allem im Lebensmittelhandel und der Touristiksparte aktiv ist. Sebastian Budnik macht das nicht, um sich sein Studium zu finanzieren. Er absolviert eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann – im Rahmen seines Studiums. Wenn er fertig ist, bekommt er gleich zwei Urkunden: den Bachelor-Abschluss und den Abschluss als Groß- und Außenhandelskaufmann.

Denn Sebastian Budnik hat sich für ein duales Studium entschieden. An der Europäischen Fachhochschule (EUFH) in Brühl bei Bonn studiert er Handelsmanagement, und wenn er nicht gerade in einer Vorlesung sitzt, arbeitet er im Unternehmen. "Für mich ist das die perfekte Mischung aus Studium und Berufspraxis", sagt Sebastian Budnik. "Ich bekomme in kurzer Zeit viel Wissen vermittelt und kann das direkt anwenden."

12,5 Prozent mehr duale Studiengänge

Allein an Fachhochschulen gibt es in Deutschland gegenwärtig mehr als 300 duale Studiengänge - Tendenz steigend. Zwischen 2009 und 2010 ist das Angebot an dualen Studiengängen um 12,5 Prozent gestiegen. Ein Grund dafür dürfte der Einstieg in den Beruf sein: Wer einen dualen Abschluss in der Tasche hat, wird in der Regel vom Unternehmen übernommen. Ein Studium mit Karrieregarantie.

Ein "Erfolgsmodell" nennt auch Jochen Goeser vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) das duale Studium. "Es ist vor allem der leichte Einstieg in die Karriere, der das duale Modell für die Studierenden so attraktiv macht", sagt Goeser. Aber auch die guten Studienbedingungen und der hohe Praxisanteil seien attraktiv. Für das BIBB untersucht Jochen Goeser derzeit, wie viel Prozent aller dualen Absolventen direkt nach dem Abschluss vom Ausbildungsunternehmen übernommen werden.

Für Unternehmen rechnet sich das duale Studium

REWE ist Partnerunternehmen in dualen Studiengängen.

Aber auch aus Arbeitgebersicht rechne sich das duale Studium, sagt Martina Jalloh, Leiterin des Bereichs Ausbildung und Dualstudium bei der REWE Group. "Wir profitieren davon, weil wir die jungen Leute an uns binden", so Jalloh. Denn duale Absolventen bewerben sich in der Regel noch vor dem Studienstart bei einem Unternehmen ihrer Wahl, mit dem sie einen Ausbildungsvertrag abschließen. Erst dann schreiben sie sich bei der Hochschule ein, die mit dem Unternehmen kooperiert. Auf einen Ausbildungsplatz kommen dabei im Schnitt 50 Bewerber. In Einzelfällen haben besonders gefragte Unternehmen über 1000 Bewerbungen auf ihrem Schreibtisch liegen.