Ohne Stipendien geht es nicht

Saras neue Universität in der US-Hauptstadt ist eine der wenigen im Land, die Studenten aus Entwicklungsländern - wie eben zum Beispiel aus Nordafrika - die Studiengebühren um ein Viertel erlässt. Dennoch sind es rund 45.000 US-Dollar, die Sara für die kommenden beiden Jahre bis zum Ende ihres Studiums aufzubringen hat. In der vergangenen Woche hat sie ihre Abende deshalb damit verbracht, alle Unterlagen zusammenzutragen, die sie für die Bewerbung um ein Stipendium braucht. "Ich habe kaum geschlafen, aber jetzt ist alles geschafft", sagt Sara mit müden Augen, als wir uns am Morgen in der Küche treffen. Ob sie ihren Master-Abschluss machen kann, ohne dabei einen Berg Schulden anzuhäufen, das wird sich im April zeigen – dann soll über die Vergabe der Stipendien entschieden werden.

 

Sara wird nach erfolgreichem Abschluss ihres Studiums, als Berufsanfängerin in den USA, zwischen 60.000 und 90.000 US-Dollar pro Jahr verdienen. Geht sie – wie geplant – eines Tages in ihr Heimatland zurück, muss sie mit weniger Geld rechnen. Dann stehen die Kosten für das Studium in keinem Verhältnis mehr zum Einkommen. Einzige Möglichkeit: Sara würde als Angestellte einer internationalen Organisation in Marokko arbeiten.

Für Amerikaner sind die hohen Studiengebühren eine Investition in die Zukunft. Obwohl sie manchmal der Mut verlässt, sagt auch Sara, sie würde sich immer wieder für ein Studium in den USA entscheiden: "Es gibt einfach drei Punkte, die dafür sprechen: Mein Englisch ist inzwischen nahezu akzentfrei, ich bekomme eine qualifizierte Ausbildung und habe dadurch bessere Chancen auf einen Job." Und deswegen werde sie nicht aufgeben. Auf die Idee von europäischen Studenten, gegen steigende Studiengebühren zu protestieren, würde Sara genauso wenig kommen wie die meisten anderen US-amerikanischen Studenten. Denn die Konsequenz eines günstigeren Studiums wären höhere Steuern. Doch Steuererhöhungen sind in den USA verpönt – und so muss eben weiter jeder für sich selbst sorgen.

Autorin: Katharina Lohmeyer Redaktion: Christina Bergmann

Karte 62. Leseverstehen: Aufgabe (1) Globales Lesen (866 Wörter; 5777 Zeichen) 10 Min.

Die Uni in Zeiten von Wiki, Blogs & Twitter

Videomitschnitte der Vorlesung auf YouTube und Literaturrecherche rund um die Uhr. Ein Studium ohne Internet ist für viele Studierende heute kaum noch denkbar. Doch auch für Professoren hat sich der Uni-Alltag verändert.

 

Einer der sich besonders gerne und souverän im Netz bewegt, ist Christian Spannagel, Professor für Mathematik und Informatik an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Im Gespräch mit DW-WORLD.DE erzählt er über Erfahrungen als bloggender und twitternder Dozent.

DW-WORLD.DE: Herr Professor Spannagel, wie nutzen Sie als Dozent das Internet?

Professor Christian Spannagel: Ich habe ein Blog, in dem ich über meine Lehrerfahrungen und über meine wissenschaftliche Tätigkeit blogge, und dort kommentieren hin und wieder Studenten. Auf diese Weise komme ich mit ihnen ins Gespräch. E-Mail als herkömmliches Kommunikationsmedium nimmt noch 90 Prozent des Kommunikationsaufwandes ein zwischen Studierenden und mir. Dann habe ich ein Wiki, in dem ich ein bisschen über meine Arbeit schreibe, dort kann man auch kommentieren. Und Twitter nutze ich sehr gerne als Werkzeug, um über das zu erzählen, was ich gerade im Moment mache.

Nutzen Ihre Kolleginnen und Kollegen das Internet in ähnlicher Weise, oder heben Sie sich von denen ab?

Prof. Spannagel an der Tafel

Wenn ich an meine Hochschule denke oder an meine Fachkollegen, dann würde ich sagen, bin ich schon ein Extremnutzer. Es gibt Kollegen, die bloggen, es gibt Kollegen, die nutzen Wikis, aber in diesem umfassenden Maße bin ich schon eine Ausnahme.

Wie stark hat sich denn Ihre Arbeit als Dozent durch diese Kommunikationsformen verändert?

Meine Online-Kommunikation hatte zum Teil ganz große Auswirkungen unter anderem auf Seminare. Ich habe zum Beispiel mal ein Seminar gemacht, in dem Studierende plötzlich mit Menschen außerhalb des Seminars kommuniziert haben, weil ich über meinen Blog und über meinen Twitter-Account die Dinge, die wir online gemacht haben, publiziert habe. Da kamen dann Menschen von außen und haben mitgemacht. Das kann einen großen motivierenden Effekt haben auf Lehrveranstaltungen, wenn man sie öffentlich durchführt.

Natürlich bekomme ich auch zu meiner wissenschaftlichen Tätigkeit immer Anregungen von außen, von Personen, die nicht direkt im wissenschaftlichen Betrieb tätig sind. In meinem Bereich, also im bildungswissenschaftlichen Bereich, ist es auch immer wichtig, Kontakt zu haben zu Lehrerinnen und Lehrern, zu Lehramtsstudierenden an anderen Hochschulen, zu Schülern und Studenten. Insofern ist es ganz gut, wenn man das, was man tut, im Internet beschreibt und dadurch die Möglichkeit bietet für Personen außerhalb des Wissenschaftsbetriebs, da anzudocken und einem Rückmeldung zu geben zu dem, was man tut.

Wo sind aus Ihrer Sicht die Grenzen, auch für Sie persönlich als Professor?

Man muss aufpassen, dass man auch als Professor dort nicht zu viel Zeit verbringt mit Kommunikation. Kommunikation kann natürlich irgendwann rein der Kommunikation dienen und nicht mehr dem inhaltlichen Austausch. Ich habe es zu einem bestimmten Zeitpunkt in meiner Vergangenheit auch mal übertrieben. Damals habe ich Twitter, Facebook, Xing und diese ganzen Netzwerke viel zu intensiv genutzt. Ich habe dann gesagt, ich mache jetzt mal einen Break, ich nutze nur noch einen Teil. Jetzt fange ich langsam wieder an, bestimmte Netzwerke zu nutzen, aber ich habe es am eigenen Leib erlebt, dass man es tatsächlich auch übertreiben kann.

Rektor Strothotte auf YouTube

Mittlerweile nutzen ja auch Hochschulleitungen das Internet als Kommunikationsmedium mit ihren Studenten. Der Rektor der Uni Regensburg beispielsweise, Professor Thomas Strothotte, hat einen Blog eingerichtet, der heißt "Frag' den Rektor". Dort haben Studenten die Möglichkeit, ihre Fragen zu stellen, dann werden besondere Fragen ausgewählt, und der Rektor antwortet – und zwar in einem YouTube-Film. Den kann man anklicken, und dann bekommt man die Antwort geliefert. Für wie sinnvoll halten Sie das?

Ich finde, das ist eine sinnvolle Aktion. Das Web bietet die Möglichkeit, dass Personen näher zu einem rücken. Man sieht den Rektor dort sprechen und man fühlt sich letztlich auch mit dieser Person ein Stückchen näher verbunden. Er ist ein bisschen greifbarer für die Studenten, als wenn er in seinem Rektoratszimmer irgendwo sitzt und die Tür zu ist. Auf diese Weise kann er bestimmte Dinge plausibel und authentisch darstellen, wirkt als Person auch dabei – das sind alles Dinge, die sicherlich vorteilhaft sind für hochschulpolitische Kommunikation, auch für hochschulinterne Kommunikation. Natürlich kann ein Rektor nicht in dem Maße online präsent sein wie ein normal im Wissenschaftsbetrieb tätiger Mitarbeiter, denn es gibt für einen Rektor einfach zu viel zu tun … Aber ich finde es schon sehr gut, dass er sich einmal im Monat die Zeit nimmt, eine Frage online zu beantworten.

Es wirkt aber auch ein wenig wie ein PR-Coup, wie eine Werbestrategie seitens der Hochschulleitung, denn letztlich können da ja nur einige wenige Fragen beantwortet werden …

Ja, das ist natürlich die andere Nutzungsmöglichkeit des Web 2.0, dass man dort die ganzen Werkzeuge, mit denen man relativ schnell Inhalte online stellen kann, auch für PR-Zwecke nutzen kann. Letztlich entscheiden die Nutzerinnen und Nutzer, ob ein solches Angebot erfolgreich ist oder nicht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade diejenigen Plattformen oder diejenigen Blogs, die reinen PR-Zwecken dienen, relativ schnell erkannt werden, und dass eher zu den Angeboten gegriffen wird, bei denen eine Person tatsächlich auch authentisch hinter den Inhalten steht und sich selbst über dieses Blog oder über Twitter auch authentisch als Person darstellt.


Das Gespräch führte Svenja Üing Redaktion: Claudia Unseld