Die traditionelle Satzgliederung

Aus der traditionellen Grammatik ist die Satzanalyse bekannt, die in der Festlegung der Satzglieder besteht. Die Segmentierung des Satzes in Satzglieder basiert auf der Unterscheidung zwischen Hauptgliedern (Subjekt UND Prädikat) und Nebengliedern(Objekt, Adverbiale, Attribut, Prädikatsattribut). Die Satzglieder werden definiert als autosemantische Wörter, "die im Satz oder in der Wortfügung Träger der syntaktischen Beziehungen - verschiedener Art sind" (O. Moskalskaja). Die Hauptglieder und Nebenglieder werden durch folgende Merkmale differenziert:

Die Hauptglieder bilden den Kern des Satzes, sein prädikatives Merkmal, während die Nebenglieder seine Peripherie bilden. Es ist zu betonen, dass die Peripherie nur im grammatischen Sinn gemeint ist. Kommunikativ können die Nebenglieder das sinnwichtigste Element sein, z.B.: Wonach fragte sie ihn? Sie fragte ihn nach der Arbeit.

Der Begriff der Satzglieder wird in der modernen Linguistik oft einer scharfen Kritik unterzogen, wobei einige Autoren diesen Begriff ablehnen und das hat seinen Grund. Die traditionelle Satzgliedlehre ist unzulänglich. An ihr wird in erster Linie folgendes ausgesetzt:

1) Die Hierarchie der Satzglieder wird durch die herkömmliche Analyse nicht bloßgelegt. Die Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebengliedern sieht nicht die Differenzierung von Gliedern des 1., 2., 3. usw. Grades vor. Das hat zur Folge, dass nur die lineare Oberflächenstruktur des Satzes ermittelt wird, nicht aber die hierarchischen Beziehungen der Glieder zueinander.

2) Die Analyse des Satzes nach den Satzgliedern gibt keine Aufschlüsse über die notwendigen bzw. nicht notwendigen Satzelemente. Vgl.: 'Ich schreibe einen Brief und 'ich bekomme einen Brief; 'Er arbeitet hier' und 'Er befindet sich hier.

3) Es gibt keine exakten Kriterien für die Bestimmung der Satzglieder, und

diejenigen, die es gibt, sind nicht einheitlich.

Der Festlegung der Satzglieder in der traditionellen Grammatik wird ein semantisches Kriterium zugrunde gelegt. Das in der Schulgrammatik übliche Erfragen der Satzglieder führt zu manchen Missverständnissen, Vgl.: Doppeldeutungen: In zwei Stunden geht der Zug nach Kyjiw. - Welcher Zug? - Attribut. Wohin geht der Zug? -Adverbiale des Ortes. Die Mutter liebt. die Tochter. Wer - werf? oder Wen? - wer? Er freute sich. gute Kameraden gefunden zu haben. Worüber freute er sich? - Objekt. Warum freute er sich? - Adverbiale des Grundes.

Diese Einwände, die im Grunde wirklich prinzipiell sind, veranlassen viele Linguisten, auf den Begriff des Satzgliedes zu verzichten. Dagegen aber muss zur Verteidigung des Satzgliedes folgendes gesagt werden: Der Begriff des Satzgliedes gehört zu den klassischen Begriffen der Syntax und hat sich so tief in die linguistische Untersuchung eingebürgert, dass er von einer syntaktischen Beschreibung nicht wegzudenken ist.

Obwohl die Satzanalyse nach den Satzgliedern manche Nachteile aufweist, intuitiv und inkonsequent ist, haben sich die traditionellen Begriffe des Subjekts und Prädikats und der Nebenglieder in der syntaktischen Untersuchung bewahrt und erwiesen sich als nützlich bei der Erforschung und praktischen Ausarbeitung vieler Fragen. So kann z.B. die Analyse der deutschen Wortstellung ohne den Begriff der Satzglieder nicht auskommen.

Daraus resultiert zweierlei: Einerseits ist für die deutsche Grammatik die Idee der-Satzglieder keinesfalls abzuschaffen; andererseits muss die Satzgliedtheorie weiter ausgearbeitet, präzisiert und vervollkommnet werden.