Arten des Bedeutungswandels

Unter Bedeutungswandel oder semantischer Derivation versteht man die Veränderung der Bedeutung schon existierender Wörter. Es gibt zwei Systeme der Gliederung des Bedeutungswandels, ein logisches und ein psychologisches. Die logische Klassifikation basiert auf dem quantitativen Vergleich der Bedeutungen eines Wortes vor und nach dem Bedeutungswandel. Die psychologische Gliederung geht von Assoziationen aus. Die logische Klassifikation wird von Linguisten bevorzugt, weil sie einfacher ist und alle Fälle des Bedeutungswandels umfaßt. Nach dieser Klassifikation lassen sich folgende Arten des Bedeutungswandels unterscheiden:

1. Bedeutungserweiterung (bzw. Generalisierung der Bedeutung) meint die Erweiterung des Bedeutungsumfanges eines Wortes nach dem Prozess des Bedeutungswandels. Z.B. ein westgermanisches Wort machen. Die Grundbedeutung ist „kneten, formen“, dann „in Ordnung bringen“. Die Bedeutung hat sich dann verallgemeinert.

2. Bedeutungsverengung (bzw. Spezialisierung) besteht darin, dass ein Wort mit einem ursprünglich weiten Bedeutungsumfang später nur noch einen Teil des ursprünglichen Anwendungsbereichs aufweist. Z.B. „fahren“ bezeichnete ursprünglich jede Art der Fortbewegung wie „gehen, reiten, reisen“. In der deutschen Sprache versteht man aber unter fahren nur die Fortbewegung auf Wagen, mit der Bahn u.a.

3. Metaphorische Übertragung der Namensbezeichnung. Metapher (aus griech. meta – „über“, phero – „trage“) bedeutet eigentlich Übertragung. Ihr liegen Assoziationen nach der Ähnlichkeit zugrunde. Für die Metapher ist ein latenter Vergleich kennzeichnend. Es gibt zwei Arten der Metapher: die stilistische und die lexikalische. Die stilistische Metapher ist viel ausdrucksvoller, bildhafter als die lexikalische, aber schafft keine neuen Bedeutungen der Wörter. Sie dient nur stilistischen Zwecken: die Flamme der Liebe, ein Strom von Erinnerungen.

4. Metonymische Übertragung der Namensbezeichnung. Unter Metonymie wird die Übertragung der Namensbezeichung von einem Gegenstand auf einen anderen auf Grund eines logischen Verhältnisses zwischen diesen Gegenständen verstanden. Im Gegensatz zu der Metapher liegt hier keine Ähnlichkeit oder kein latenter Vergleich zugrunde. Das Wort Metonymie bezeichnet eigentlich „die Umbenennung“ (aus griech. meta – „über“ und onoma – „Name“).

5. Wertsteigerung (Melioration) und Wertminderung (Pejoration) der Bedeutung. Unter der Wertsteigerung versteht man solch einen Prozess, demzufolge das Wort eine neue, erhabene, bessere Bedeutung bekommt: Die Grundbedeutung des Wortes Marschall war eigentlich „Pferdeknecht“, dann bezeichnete dieses Wort den Stallmeister eines Fürsten, mit der Entwicklung der feudalen Gesellschaft wurde das Wort der Marschall allmählich zur Bezeichnung eines der Hofämter und eines der Militärränge. Unter der Wertminderung der Bedeutung wird solch ein Prozess verstanden, dem zufolge das Wort eine andere in ihrem Wert verminderte Bedeutung bekommt: das Adjektiv schlecht bedeutete ursprünglich „in gerader Linie laufend“, „glatt“, „eben“. Zur Zeit „geringwertig“, „nicht gut“. Die alte Bedeutung ist erhalten in den Wörtern: schlechthin (типичный), schlechtweg (просто-напросто).

6. Euphemismus (aus griech. eu „gut“ und phemi „sprechen“) bedeutet also „gut sprechen“ anstatt die Dinge bei ihrem Namen zu nennen.Die Euphemismen sind verhüllende oder verschönernde Ausdrücke. Sie werden aus zweierlei Gründen gebraucht: aus Gründen des Aberglaubens oder des Anstandes. Der letzte Grund ist heute ausschlaggebend: man will unanständige oder unangenehme Wörter und Ausdrücke vermeiden und sie durch schönere oder verhüllende ersetzen.

7. Übertreibung der Wortbedeutung (Hyperbel). Für die Hyperbel ist die übertriebene Darstellung verschiedener Merkmale und Eigenschaften der Gegenstände und Vorgänge kennzeichnend: irgendwas „tausendmal“ sagen statt „vielmals“; „jemanden eine Ewigkeit nicht sehen“ statt „jemanden lange nicht sehen“. Die Hyperbel dient nicht nur den Zwecken des Emotionsdrucks, sondern auch der Bereicherung des Wortschatzes. Es entstehen sinnverwandte Wörter und Wortverbindungen: vielmals und vieltausendmal, sehr hungrig und wolfshungrig.

8. Abschwächung der Wortbedeutung (Litotes). Unter Litotes versteht man die im Vergleich zu der Wirklichkeit übertriebene Abschwächung der Aussage: zu einer Tasse Tee einladen, im Augenblick kommen. Der Bedeutungswandel ist nicht nur in einzelnen Wörtern, sondern auch in Wortverbindungen zu finden.

Wörterbuchtypen

1. Nach der Zahl der vertretenen Sprachen gibt es einsprachige (monolinguale) Wörterbücher oder Bedeutungswörterbücher und zwei- oder mehrsprachige Wörterbücher oder Übersetzungswörterbücher.

2. Nach dem Erfassungsgrad des Wortschatzes ist zu unterscheiden zwischen allgemeinen Wörterbüchern oder Gesamtwörterbüchern und speziellen Wörterbüchern (wie Autorenwörterbücher, Fremdwörterbücher usw.)

3. Nach Synchronie/Diachronie, Standardsprache/Regionalsprache,Gemeinsprache/ Fachsprache:

Dadurch bestimmt er die folgenden Typen von Wörterbüchern: synchronische und diachronische, standardsprachliche (gemeinsprachliche) Wörterbücher und regionalsprachliche (Dialektwörterbücher), gemeinsprachliche und fachsprachliche sowie Gesamtwörterbücher und Spezialwörterbücher.

4. Enzyklopädische Wörterbücher (Konversationslexika) erklären den wissenschaftlichen Gegenstand, den Inhalt der bekannten Objekte. Wir benutzen sie, wenn wir z. B. die Angaben zur Wortbedeutung mit der wissenschaftlichen Beschreibung des bekannten Objektes, mit dem Konzept vergleichen. Anliegen solcher Wörterbücher ist, Kenntnisse auf allen Gebieten des Lebens zusammenzufassen und zu verbreiten, sie sind eine Art Nachschlagewörterbücher.

5. Überhaupt muss man unterstreichen, dass ein Wörterbuch nicht nur Wörter enthält — es gibt auch Wörterbücher der Wortbildungsmittel und der Phraseologismen.

6. Ein Wörterbuch muss auch nicht unbedingt die Gestalt eines Buches haben, es können einzelne „Lieferungen" sein. In unserer Zeit existieren auch elektronische Wörterbücher. Man spricht hier von großen gemeinsprachlichen Wörterbüchern, die den Wortschatz der deutschen Sprache möglichst vollständig erfassen wollen und neben Bedeutungsangaben auch Auskunft geben über: Aussprache, Rechtschreibung, grammatische Besonderheiten, stilistische Bewertungen, räumliche und zeitliche Zugehörigkeit, Zuordnungen zu Fach- und Sondersprachen, Phraseologismen, Abkürzungen, etymologische Angaben usw. In der Mehrzahl sind sie alphabetisch geordnet.

7. Bedeutungswörterbücher und Bezeichnungswörterbücher stehen den gemeinsprachlichen Wörterbüchern am nächsten.

1) Bei den Bedeutungswörterbüchern bezieht sich die lexikografische Information auf die Explikation der mannigfaltigen Bedeutungen eines Wortes.

2) Bezeichnungswörterbücher sind nach onomasiologischen (vom Begriff ausgehenden) Kriterien aufgebaut und leisten Hilfe bei der Suche nach dem genauen und treffenden Wort. Vor allem sind das Synonymwörterbücher und Begriffswörterbücher oder Sachwörterbücher. Sie geben uns Antwort auf die Frage, welche Wörter zur Bezeichnung bestimmter Begriffe in einer Sprache existieren. Nicht ausgeschlossen wären hier Wörterbücher von Antonymen.

8. Unter Berücksichtigung unterschiedlicher sprachlicher Realisierungsmöglichkeiten lassen sich Wörterbücher abgrenzen, die fonetische und grafemische Aspekte der Sprachzeichenstruktur veranschaulichen. Das sind Aussprachewörterbücher und Rechtschreib(e)wörterbücher.

1) Die Aussprachewörterbücher enthalten Angaben zur allgemein gül­tigen Aussprache der Wörter, die von jedermann verstanden und erreicht werden können.

2) Die Rechtschreibewörterbücher verstehen sich als ein geeignetes Mittel zur Erleichterung der schriftlichen Kommunikation.

9. Auf der vierten Ebene stehen Wörterbücher, die Informationen zum morphologischen Aspekt der Sprachzeichen vermitteln. Da sind zu nennen: Stammwörterbücher, rückläufige Wörterbücher, Homonymwörterbücher:

1) Stammwörterbücher. Der Wortschatz gruppiert sich um alphabetisch angeordnete Stammwörter, Wurzeln der deutschen Sprache und ihre Bedeutung, zählt dann alle Stämme auf, die durch Ab- und Inlaut aus den vorhandenen Wurzeln erwachsen sind und ihre Bedeutungen.

2) Rückläufige Wörterbücher. Da ist der gesamte Wortschatz alphabetisch vom Wortende zum Wortanfang systematisiert. In einem rückläufigen Wörterbuch werden die Wörter in alphabetischer Reihenfolge vom Wortende aufgelistet. Die alphabetische Ordnung richtet sich also nach den Endbuchstaben der Wörter. Rückläufige Wörterbücher werden vor allem benutzt, um die Häufigkeit von Sprachbestandteilen zu analysieren.

3) Homonymwörterbücher. Hier werden gleich oder ähnlich klingende oder verschieden geschriebene lexikalische Einheiten angesammelt, die auch semantisch voneinander unterschieden sind.

10. Auf der 5. Stufe/Ebene stehen phraseologische Lexika, die zeigen, wie die Wörter des deutschen Lexikons zu sprachlichen Wendungen verknüpft werden können. Hier unterscheidet man Stilwörterbücher und Idiomlexika, die ein- oder mehrsprachig sein können.

1) Stilwörterbücher kodifizieren Wortverbindungen, deren Gesamtbedeutungen aus den einzelnen Wortbedeutungen erschlossen werden können, sie informieren über den kommunikationsadäquaten Gebrauch der Verbindungen.

2) Ein- oder mehrsprachige Idiomlexika (phraseologische Wörterbücher) kodifizieren Wortverbindungen, deren Gesamtbedeutungen nicht aus ihren Bestandteilen erklärt werden können, und die Auskunft über Herkunft, Bedeutung und Gebrauch dieser Verbindungen geben.