Die Leuchtdiode mit dem richtigen Dreh

28.07.2012 · Eine Technologie entwächst den Kinderschuhen: Forscher entwickeln eine Leuchtdiode, die ein echtes Spintronik-Bauteil ist.

 

Von MANFRED LINDINGER

 

Der Spin oder Eigendrehimpuls der Elektronen führt in der Halbleitertechnik ein Schattendasein. Nach wie vor nutzt man vor allem die elektrische Ladung dazu, Informationen zu speichern, zu übertragen und zu verarbeiten. In den vergangenen Jahren hat sich jedoch gezeigt, dass schnellere Schaltkreise und dichtere Speichermedien hergestellt werden können, wenn man statt der Ladung den Spin als Informationsträger verwendet. Auch wenn die Wissenschaftler immer besser gelernt haben, den „Drall“ der Elektronen zu kontrollieren und zu manipulieren, steckt die „Spintronik“ noch immer in den Kinderschuhen. Das könnte sich bald ändern. Nun haben Forscher von der University of Utah die erste organische Leuchtdiode entwickelt, bei der maßgeblich die Spins von Elektronen und positiv geladenen Löchern die Lichterzeugung bewirken.

Tanz der Minimagnete

Elektronen verhalten sich infolge ihres Eigendrehimpulses und des damit verbundenen magnetischen Moments wie winzige Stabmagnete, die sich schnell um die eigene Achse drehen können. Während die Eigendrehimpulse normalerweise jedoch völlig ungerichtet sind, ordnen sie sich in einem homogenen Magnetfeld in Richtung der Feldlinien oder entgegengesetzt dazu an. Je nach Orientierung lässt sich der Spin von Elektronen somit als binärer Informationsträger mit den Werten 0 und 1 verwenden.

 

Energiearme Elektronik

Die Spintronik, also eine Informationsverarbeitung mit Spins, hätte zahlreiche Vorteile. So kann man die Eigendrehimpuls durch Magnetfelder leichter beeinflussen und steuern, als dies mit elektrischen Feldern möglich ist. Dadurch ließen sich Daten mit viel größerer Geschwindigkeit transportieren und verarbeiten. Zudem ließen sich noch kompaktere Bauelemente herstellen, als es mit der herkömmlichen Halbleitertechnik möglich ist. Zudem würden die Bauteile deutlich weniger Energie verbrauchen als ihre klassischen Pendants.

Am Anfang war die Idee

Will man in der Spinelektronik ein Bauelement wie eine Leuchtdiode verwirklichen, benötigt man einen Elektronenstrom mit ausgerichteten Spins, der sich in eine Halbleiterschicht befördern lässt. Dort müssen die Elektronen auf eine große Zahl an positiven Ladungsträgern, sogenannten Löchern, mit ebenfalls orientierten Spins treffen, mit denen sie schließlich zerstrahlen. Vor acht Jahren hatten die Forscher um Valy Vardeny theoretisch ersonnen, wie man eine funktionierende organische Leuchtdiode bauen könnte, die sichtbare Strahlung aussendet. Ihre Idee war es, in ein sogenanntes Spinventil eine Lage eines optisch aktiven organischen Halbleiters einzubauen. Ein Spinventil, ist eine Art von Schalter, der ausschließlich Elektronen passieren lässt, deren Spins parallel oder antiparallel zu einer vorgegebenen Magnetisierungsrichtung orientiert sind. Nun präsentieren Vardeny und seine Kollegen in der Zeitschrift „Science“ (Bd. 337, S. 204) ihren Prototypen, der orangefarbenes Licht erzeugt.

 

... und acht Jahre später der Prototyp

Das neuartige Bauteil besteht im Wesentlichen aus drei Lagen, und zwar aus einer 25 Nanometer dicken Schicht eines optisch aktiven halbleitenden Polymers, die zwischen zwei ferromagnetischen Metallelektroden eingebettet ist. Als Kathode dient Kobalt. Die Anode besteht aus einem Lanthan-Strontium-Magnesium-Oxid. Um die Lichtausbeute zu erhöhen, wurde das Polymer mit Deuterium angereichert. Legt man eine Spannung von wenigen Volt und ein Magnetfeld an, wandern Elektronen und positiv geladene Löcher aus den ferromagnetischen Elektroden in das Polymer hinein. Nur Ladungsträger, deren Spins entsprechend der Feldlinien ausgerichtet sind, gelangen in den Halbleiter. Dort rekombinieren sie paarweise, wobei jeweils ein sichtbares Photon entsteht. Um das Einschleusen von Elektronen zu erleichtern, hat man zwischen der Kobalt-Elektrode und dem Polymer zusätzlich eine Lage Lithiumflourid eingebracht.