Viel Wissen in kurzer Zeit

Tanja Kupisch weiß, dass die Studierenden überlastet sind

Auch für die BWL-Studentin Zimmermann war Deutsch zunächst die größte Hürde. Daher habe sie alles auf Portugiesisch übersetzt, um dann lernen zu können. "Schließlich habe ich begriffen, dass man die Klausuren auf Deutsch schreiben muss", sagt Zimmermann. Es sind viele Klausuren, die sie und ihre Kommilitonen schreiben müssen. Mit der Einführung des Bachelor an deutschen Universitäten ist der Lernumfang deutlich größer geworden. "Ich sehe, wie überlastet die Studenten sind", sagt Junior-Professorin Kupisch. Wenn sie ihr eigenes Romanistik-Studium mit dem heutigen vergleicht, kommt sie zu dem Schluss: "Die Studenten kommen nach drei Jahren aus der Uni und haben das Wissen, das wir uns vielleicht über fünf Jahre angeeignet haben."

Hohe Abbruchquote bei ausländischen Studenten

Auch Damares Zimmermann und Anastassia Oberländer haben eigentlich das ganze Semester hindurch den Prüfungsdruck gespürt. "Irgendwann habe ich mich damit abgefunden, dass ich viel Zeit investieren musste", sagt Anastassia Oberländer. Da müsse man einfach durch. Anastassia schaffte ihre Prüfungen immerhin, ohne einmal durchzufallen. Geholfen hat ihr dabei vor allem ihre Lerngruppe mit befreundeten Studenten, sagt sie.

Anastassia und Damares können endlich mal abschalten

Die Brasilianerin Damares Zimmermann hat sich keiner Lerngruppe angeschlossen. Sie glaubte, dass sie ihre deutschen Kommilitonen, wegen ihrer Sprachprobleme, beim Lernen aufhalten würde. "Es gab schon Momente, wo ich frustriert war, traurig war, eine Klausur nicht bestanden habe und einfach geheult habe." Der Frust war zeitweise so groß, dass sie überlegte, ihr Studium abzubrechen. Damit wäre sie keine Ausnahme gewesen. Im Gegenteil. Die Hälfte aller ausländischen Studenten, die in Deutschland einen Abschluss machen wollen, breche ihr Studium ab, so die Schätzungen des Hochschul-lnformations-Systems (HIS).

Doch am Ende des Studiums ist Damares Zimmermann sogar schneller fertig gewesen als ihre Freundin Anastassia Oberländer. Sie hat ihre Bachelor-Arbeit bereits abgegeben. Jetzt könne sie endlich mal abschalten, am See spazieren gehen oder bis morgens um fünf Uhr richtig feiern. Zum ersten Mal nach zwei Jahren Studium. "Ein tolles Gefühl!"


Autorin: Janine Albrecht Redaktion: Gaby Reucher

 

Karte 52. Leseverstehen: Aufgabe (1) Globales Lesen (742 Wörter; 5398 Zeichen) 10 Min.

Prüfungsstress in den Semesterferien

Von wegen Ferien!

Sommerzeit - Ferienzeit? Für viele Studierende sieht das anders aus. Seit der Bologna-Reform hat sich die Prüfungssituation verschärft. Auch richtiges Lernen will da gelernt sein.

 

Lernen kann so schön sein. Irina verbindet die Pflicht mit dem Angenehmen und bereitet sich mit einigen Kommilitoninnen beim gemeinsamen Frühstück im Garten auf die nächste Klausur vor.

"Ein Kopf ist gut, zwei sind noch besser", findet die 25-jährige Russin, die im ersten Semester Grundschulpädagogik an der Goethe-Universität Frankfurt studiert. Sie hat sich kurzerhand einer deutsch-russischen Lerngruppe angeschlossen. Für sie als russische Muttersprachlerin birgt das einige Probleme. "Ich muss zum Beispiel genau überlegen, was ich jetzt sage, und es geht bei mir langsamer, und manchmal haben die Deutschen einfach keine Geduld."

Verschulung der Unis und "Bulimie-Lernen"

Didaktik beim Frühstück...

Geduld haben aber dafür ihre Kommilitoninnen von der Lerngruppe. Denn neben dem Sprachproblem, das nur Irina betrifft, müssen sie alle seit der Bologna-Reform mehr lernen. Das europaweit einheitliche Kurssystem erfordert viele Einzelprüfungen für die Gesamtnote. Aus Sicht von Katharina Pfaffinger, die auch in Irinas Lerngruppe mitmacht, ist das ein ganz schönes Lernpensum, das da auf einen zukommt. "Es ist wahnsinnig viel Stoff und ziemlich wenig Zeit. Im Prinzip ist es nur noch ein Auswendiglernen."Katharina hat sich auch mit Studenten unterhalten, die früher studiert haben und die meinten, damals sei das längst nicht so viel gewesen wie heute.

Der AStA – die Studierendenvertretung an der Goethe-Universität Frankfurt – kritisiert seit der Bologna-Reform eine "Verschulung" der Universität. AStA-Mitglied Marco Sager hält die Prüfungsdichte für einen großen Knackpunkt bei den Bachelor- und Masterstudiengängen. "Das ist das viel zitierte Bulimie-Lernen, man treibt es alles rein, schreibt es auf, aber danach bleibt vielleicht nicht mal die Hälfte hängen."

Belastung nimmt zu

...und Mathematik zum Kaffee

Für Natur- und Wirtschaftswissenschaften sind die studienbegleitenden Prüfungen nichts Neues. Aber in den Geistes- und Sozialwissenschaften weht seit Bologna ein anderer Wind. Das bestätigt auch Astrid Irrgang vom Studien-Service-Center, der zentralen Beratungsstelle für Studierende, wo der Beratungsbedarf seit Bologna deutlich gestiegen ist.

Sie glaubt, dass die persönlich empfundene Belastung bei den Studierenden allgemein zugenommen hat."Wenn eine Prüfung schief geht, fängt in der Tat neuerdings die Uhr an zu ticken." Wer eine Modulprüfung nicht besteht, muss sie nämlich innerhalb einer bestimmten Zeit wiederholen und dann auch bestehen. "Sonst werden die Studierenden nach einem bestimmten Zeitraum vom gesamten Studiengang exmatrikuliert", sagt Astrid Irrgang.

Bibliothek statt Badesee

Und so heißt es für viele Studierende bis in die Semesterferien hinein: Bibliothek statt Badesee. Oder eben gemeinsames Pauken. Da haben natürlich Lerngruppen Hochkonjunktur. Hier teilen sich die Studenten die Arbeit auf. Das heißt jeder bereitet einen bestimmten Text vor, und in der Gruppe fragt man sich gegenseitig ab.

Für die russische Studentin Irina eine Erleichterung. Auch wenn sie die Prüfungen an deutschen Unis eher gelassen sieht - verglichen mit denen in ihrem Heimatland. "Ich finde das hier recht locker, bei uns ist alles ein bisschen strenger."

Autorin: Bianca von der Au Redaktion: Gaby Reucher

 

Karte 53. Leseverstehen: Aufgabe (1) Globales Lesen (742 Wörter; 5398 Zeichen) 10 Min.

Für Studis nur das Beste!

 

Die beste Uni, der beste Prof, der beste Unterricht: Jede Hochschule wirbt mit ihren guten Rankingpositionen. Studieneinsteiger orientieren sich gerne an den Bewertungen. Objektive Kriterien darf man aber nicht erwarten.

 

Meist werden Rankings von großen Instituten erstellt oder über Wettbewerbe ermittelt, die von Stiftungen und Verbänden ausgerichtet werden. Eins der bekanntesten Rankings ist das CHE-Hochschulranking vom "Centrum für Hochschulentwicklung". Mit über 300 Hochschulen im Test ist es der größte und detaillierteste Hochschulvergleich in Deutschland. Das System, die besten Studienmöglichkeiten herauszufinden, ist ausgeklügelt und differenziert. Zu den Kriterien gehören zum Beispiel die Studiensituation, der Praxisbezug im Unterricht und die internationale Ausrichtung der Hochschule. Beim diesjährigen Ranking lassen gerade in punkto "Internationale Ausrichtung" noch viele Hochschulen zu wünschen übrig. DIE eine beste Uni lässt sich nicht wirklich ermitteln, wohl aber Bereiche, in denen die verschiedenen Unis besonders gut abschneiden. So wirbt die Hochschule Heilbronn damit, dass sie unter anderem für den Bereich Wirtschaftsingenieurwesen bei den gerankten Kriterien in der Spitzengruppe sei.